Georg Hillebrecht
„’s ist ein übles Land hier“
Tagebuchaufzeichnungen aus dem Herero-Krieg in Deutsch-Südwestafrika 1904 – 1905 von Georg Hillebrecht
Quellen zur Kolonialgeschichte, Band 6
Broschur, 15 x 21 cm, 227 Seiten
11 Abbildungen, Index
Bochum, Oktober 2021
ISBN 978-3-939886-08-2
28,80 EUR
Das Afrikanische Tagebuch von Georg Hillebrecht
Wie viele der 1904 in Deutsch-Südwestafrika eingesetzten Schutztruppensoldaten hatte Hillebrecht im Ostasiatischen Expeditionskorps in China bei der Niederschlagung des Boxeraufstandes bereits erste Kolonialkriegserfahrung gesammelt, als er sich im Alter von 29 Jahre, noch unverheiratet, wiederum freiwillig als Arzt nach Deutsch-Südwestafrika meldete. Hillebrecht beginnt sein Tagebuch „mitten im Golf von Biskaya“ am 12. Juni 1904. Nach der Beschreibung der Überfahrt erreicht er Anfang Juli Swakopmund, das er am 20. Juli Richtung Karibib verläßt. Von dort macht er sich am 1. August auf den Marsch Richtung Waterberg. Nach den Kämpfen am Waterberg vom 11. August weist sein Tagebuch eine größere Lücke auf. Die ersten überlieferten Zeilen sind ein Brief an seine Familie vom 22. August, den er 80 km südlich vom Waterberg schreibt. Am 20. September befindet er sich in Epukiro und berichtet in einem Brief an einen früheren Regimentskameraden davon, daß seine Abteilung die Herero seit deren Flucht nach der Schlacht von Hamakari beständig verfolgt hatte, ohne sie indes nochmals einholen zu können. In einem Brief an seine Familie vom 19. Oktober schreibt er, daß die „Hererohetze“ für ihn nun ein Ende gefunden habe. Am 6. November trifft er in Windhuk ein, von wo er nur sechs Tage später in den Krieg gegen Nama zieht. Seit dem Gefecht von Kub vom 22. November an Typhus erkrankt, ist der Krieg damit für ihn zu Ende. Nach Lazarettaufenthalten in Kub und später Windhuk verläßt er am 13. März schließlich Deutsch-Südwestafrika. Das „Afrikanische Tagebuch“ von Georg Hillebrecht wird hier erstmals vollständig veröffentlicht, gegenüber dem Erstabdruck (Köppe, 2005) enthält es somit auch die Aufzeichnungen der Rückreise Hillebrechts mit der D.O.A.L. über Süd- und Ostafrika. Das Tagebuch endet mit einem Eintrag am 15. Mai im Hafen von Suez.
Auszug aus dem Inhalt
Dann kam ein Jüngling und stellte sich vor: „v.-v.- von T-T-T-Trotha Oberleutnant. Der Stottertrotha, Sohn vom Ollen. Er bat mich in sehr liebenswürdiger Weise, mein Quartier mit ihm zu tauschen, da es für ihn wegen der Nähe [150] seiner Maschinengewehre etc. dienstlich sehr wünschenswert sei. Da habe ich denn bemerkt, daß mir das gar nicht übermäßig amön sei, daß ich ihm aber keine Schwierigkeiten machen wolle. Da dankte er mir vielmals, meinte aber wörtlich: „E-E-Excellenz (sein Vater) den Umzug befehlen.“ Da habe ich mich doch dahingehend geäußert, daß ich letzteres sehr genau wüßte und daß das der einzige Grund meiner Liebenswürdigkeit sei, um seiner schönen Augen willen allein sei ich nun doch nicht so artig. Dann aber sind wir in F-F-Frieden und F-F-Freundschaft geschieden. Er hat sogar eine Z-Z-Zigarre von mir angenommen, und stellt mir morgen seinen Karren zum Umzug zur Verfügung. […]
Die Wasserstellen waren, als wir kamen, gänzlich unbesetzt, doch fanden wir zurückgelassenes Vieh, und dann gelang es uns in den nächsten Tagen – am 10.10. – 45 km weiter nach Osten, den abziehenden Stamm Tjetjos an einigen kleinen Wasserlöchern noch einmal zu fassen, ihm sämtliches Vieh (500 Stück, an 1000 waren vor Durst krepiert) abzunehmen und ihn durch Artillerie auch noch etliches Menschenmaterial zu vermindern. Damit war aber, nach 45 km Nachtmarsch, unsere Leistungsfähigkeit erschöpft, auch reichte der Proviant nicht mehr, und eine abermalige Durststrecke von 80 km bis Rietfontein hätten wir nicht ausgehalten. Praktisch war ja auch der nötige Erfolg erzielt, da der Tjetjostamm, nachdem er einmal sein Vieh verloren, nicht mehr zu fassen ist, da er sich in dieser wasserlosen Gegend in die Steppe zerstreuen muß und nach Art der Buschmänner vegetieren, d. h. von Tsammas, einer Wassermelonenart, Erdzwiebeln und Jagd leben. Der verwöhnte Herero hält das aber nicht aus und wird wohl bald genug entweder an Krankheiten sterben, oder den Giftpfeilen der Buschmänner erliegen, oder endlich selbst zum Buschmanndasein herabsinken.